AHV-Newsletter 2015-06: Änderungen der Koordinierungsregeln in der Sozialen Sicherheit im Verhältnis Schweiz und Liechtenstein ab 01.01.2016

Ab 01.01.2016 gilt im Verhältnis Schweiz und Liechtenstein für EFTA-BürgerInnen die EU-Verordnung EG 883/2004. Es ergeben sich Änderungen in der Sozialversicherungsunterstellung bei paralleler Beschäftigung in der Schweiz und in Liechtenstein. Für die Neubeurteilung bestehender Unterstellungen gilt eine 10-jährige Übergangsfrist (sofern sich der Sachverhalt nicht ändert).

Es handelt sich dabei nicht um eine "Richtlinie", die Liechtenstein durch Änderung des nationalen Rechts "umsetzen" muss. Es handelt sich um direkt anwendbares zwischenstaatliches Recht (ein direkt anwendbarer "Staatsvertrag"). Damit zwischenstaatliche Arbeitsverhältnisse in der Praxis funktionieren, ist man darauf angewiesen, dass die EWR-Staaten und die Schweiz im zwischenstaatlichen Recht möglichst einheitliche Regeln anwenden. Alle Lücken können nicht geschlossen werden, aber mit Übernahme der Verordnung EG 883/2004 auch ins Verhältnis zwischen den EFTA-Staaten wird ein wichtiger Schritt zur zwischenstaatlichen Koordinierung erreicht. 

Die "Verordnung (EG) Nr. 883/2004 vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der Sozialen Sicherheit" gilt im EWR und im Verhältnis Schweiz und EU schon seit dem Jahr 2012 und wurde seither schon mehrfach geändert. Der unter dem Link publizierte Text ist deshalb auch für den EWR und die Schweiz von Bedeutung.  

Ab 01.01.2016 gilt aufgrund der Übernahme der VO 883/2004 in das EFTA-Abkommen Folgendes für Personen mit einer EFTA-Staatsangehörigkeit (CH/IS/LI/NO): Wird im Wohnsitzstaat eine Nebenerwerbstätigkeit von weniger als 25 % ausgeübt, so ist der Staat zuständig, in dem die Haupterwerbstätigkeit ausgeübt wird (75 % und mehr), und zwar für die gesamte Erwerbstätigkeit. Zudem ist es nicht mehr möglich, im einen Staat als Arbeitnehmer bzw. unselbständig Erwerbender (USE) und im anderen Staat als selbständig Erwerbender (SE) unterstellt zu sein.

Die Änderungen werden sich in der Praxis hauptsächlich im Verhältnis Schweiz (CH) und Liechtenstein (LI) auswirken. Nachstehend werden die häufigsten Fälle von unselbständig (USE) und selbständig (SE) erwerbenden Grenzgängern mit einer EFTA-Staatsangehörigkeit im Verhältnis CH/LI tabellarisch dargestellt:

 

In LI tätig

In CH wohnhaft und tätig

Unterstellung

USE

SE

LI

SE

USE

CH

USE (75 % und weniger)

USE (25 % und mehr)

CH

SE (75 % und weniger)

SE (25 % und mehr)

CH

USE (mehr als 75 %)

USE (weniger als 25 %)

LI

SE (mehr als 75 %)

SE (weniger als 25 %)

LI

 

In LI wohnhaft und tätig

In CH tätig

Unterstellung

SE

USE

CH

USE

SE

LI

USE (25 % und mehr)

USE (75 % und weniger)

LI

SE (25 % und mehr)

SE (75 % und weniger)

LI

USE (weniger als 25 %)

USE (mehr als 75 %)

CH

SE (weniger als 25 %)

SE (mehr als 75 %)

CH

 

Allerdings gilt für alle Sachverhalte, die bereits vor dem 1. Januar 2016 bestanden, noch eine Übergangsfrist. Die Unterstellung nach den alten Koordinierungsvorschriften kann bis zu 10 Jahre fortdauern, sofern sich der Sachverhalt nicht ändert und die versicherte Person nicht ausdrücklich einen Antrag stellt, dass die Zuständigkeit nach den neuen Vorschriften beurteilt wird. In der Tabelle sind nicht alle Spezialfälle erfasst. Insbesondere ist zu beachten, dass für Personen, die keine EFTA-Staatsangehörigkeit haben, andere Koordinierungsregeln gelten.

Im Weiteren gilt neu bei Entsendungen von Anfang an eine Dauer von 24 anstatt 12 Monaten.