Geschichte der Alters- und Hinterlassenenversicherung

Die AHV ist eine für die ganze Bevölkerung obligatorische Versicherung. Ihr gehören alle in Liechtenstein erwerbstätigen Personen und alle in Liechtenstein wohnhaften nichterwerbstätigen Personen an.

Die wichtigsten Leistungen der AHV sind die Altersrenten und die Hinterlassenenrenten (Witwenrenten, Witwerrenten, Waisenrenten).

Die AHV gilt als 1. Säule (Basis-Deckung) im Drei-Säulen-System. Hinzu kommen die 2. Säule (obligatorische berufliche Vorsorge für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Pensionskasse des Arbeitgebers) und die 3. Säule (freiwillige Vorsorge).

In der neuen Verfassung von 1921 heisst es in Art. 26: "Der Staat unterstützt und fördert das Kranken-, Alters-, Invaliden- und Brandschadenversicherungswesen." Nicht ausdrücklich erwähnt ist die Hinterlassenenversicherung.

Aufgrund des Verfassungsauftrags liess die Regierung 1922 ein umfangreiches Gutachten bei Dr. Herman Renfer (Direktor der Basler Lebensversicherung) über die Einführung einer Sozialversicherung erstellen. In Anbetracht der prekären Wirtschaftslage der Zwanzigerjahre wurde das Projekt nicht weiter verfolgt.

1938 fragt die Regierung verschiedene private Versicherungsgesellschaften, ob sie an der Rückversicherung einer liechtensteinischen Altersversicherung interessiert wären. Die Schweizerische Rentenanstalt arbeitete eine Projektstudie aus. Die politische Entwicklung bei Beginn des 2. Weltkriegs setzte dann aber andere Prioritäten.

1948 wurde in der Schweiz die AHV eingeführt. Das gab den Anstoss für Liechtenstein. Die liechtensteinische Regierung beauftragte schweizerische Experten mit der Begutachtung (Prof. Walter Saxer) und der versicherungsmathematischen Betrachtung (Dr. Werner Gysin). Trotz anfänglicher Bedenken von Regierung und Landtag liess die Regierung dann auch einen detaillierten Gesetzesentwurf erstellen (Prof. Hans Nef).

Aufgrund des Gutachtens wird eine Gesetzesvorlage ausgearbeitet.

Die AHV-Vorlage wird ohne Gegenstimme im Landtag verabschiedet und dem Volk zur Abstimmung unterbreitet. Das AHV-Gesetz wird mit 1574 Ja gegen 1366 Nein angenommen.

Das Gesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung tritt am 1. Januar in Kraft. Nach der ursprünglichen Konzeption war die AHV als Basisversicherung gedacht. Die in den 50er Jahren ausbezahlten Renten waren recht bescheiden und konnten zunächst nicht mehr sein, als ein Beitrag an den Unterhalt der Betagten und Hinterlassenen.

Eine entscheidende Verbesserung für minderbemittelte Rentner mit Wohnsitz in Liechtenstein brachte das Gesetz über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV, welches den Rentnern ein bestimmtes Mindesteinkommen garantierte.

Einen ersten Schritt im Hinblick auf existenzsichernde Renten bedeuteten die Rentenerhöhungen anfangs der 60er Jahre. Eine weitere Verbesserung erfolgte in den 70er Jahren, als man 1973 und 1975 die Renten in zwei Stufen mehr als verdoppelte.

Im Jahre 1992 wurde das Weihnachtsgeld eingeführt, und zwar zunächst in Höhe einer zusätzlichen Zahlung von 25% zur Dezemberrente. 1994 wurde das Weihnachtsgeld auf 50% und 1998 auf 100% der Dezemberrente erhöht.

Mit der Gesetzesrevision "Gleichberechtigung von Mann und Frau in der AHV" wurde durch den Übergang vom Ehepaarrenten- zum Individualrentensystem ein bedeutender Systemwechsel vollzogen. Im Zuge der Gleichberechtigung wurde auch das ordentliche Rentenalter angepasst (64 Jahre für Frauen und Männer, allerdings erst nach Ablauf der Übergangsfristen). Ausserdem wurde 1997 auch die Möglichkeit eingeführt, die Altersrente um 1 oder 2 Jahre vorzubeziehen.

Mit der Verbesserung der Möglichkeit des Rentenvorbezugs (ab Alter 60, milde Kürzungsansätze, Vorbezugsrente auf jeden Monat hin abrufbar, Vorbezug einer Teilrente) wurde ein gleitender Ausstieg aus dem Erwerbsleben ermöglicht.

Zur Sanierung des Staatshaushaltes beschloss der Landtag im November 2011, den Staatsbeitrag an die AHV ab 2015 zu reduzieren und (zur Aufrechterhaltung des Drucks) ab 2018 gänzlich einzustellen. Zur Kompensation dieses Einnahmensausfalls wurden auch leistungsseitig Korrekturen gesetzt: Rückkehr zu versicherungs- mathematischen Kürzungssätzen beim Rentenvorbezug (für die Jahrgänge 1956 und jünger), Teuerungsanpassung der Renten ausschliesslich an den Preisindex (bisher: Mittelwert zwischen Lohn- und Preisindex). Ausserdem wurden ab 2012 Beitragseinnahmen von der FAK zur AHV verlagert (0,2 Lohnprozent).

Im Mai 2016 setzte der Landtag den AHV-Staatsbeitrag ab 2018 auf CHF 30 Mio. pro Jahr fest (teuerungsindexiert). Der AHV-Beitragssatz wird ab 2018 um 0.3% erhöht (je 0.15% für Arbeitgeber und Arbeitnehmer). Das ordentliche Rentenalter für die Jahrgänge 1958 und jünger wird von 64 auf 65 Jahre erhöht. Das flexible Rentenalter mit Rentenantritt zwischen 60 und 70 Jahren bleibt erhalten (Kürzungssätze/Aufschubszuschläge werden neu vom "Referenzalter 65" berechnet). Die Regierung muss spätestens alle 5 Jahre eine versicherungstechnische Prüfung machen (wenn sich daraus ergäbe, dass in den nächsten 20 Jahren die Reserven der AHV prognostisch auf "unter 5 Jahresausgaben in Reserve" sinken, dann muss die Regierung dem Landtag Massnahmen vorschlagen).

Die im Jahre 2011 beschlossene Leistungsreduktion bei der Anpassung der Renten an die Teuerung führte 12 Jahre lang zu einem Stillstand bei der Anhebung der Renten. Dieser Stillstand wurde aufgehoben.  
Ab 2023 gilt wieder der Mischindex. Die Renten werden ab 2023 wieder an den Mischindex angepasst (Mittelwert zwischen dem Anstieg des Lohnindexes und des Preisindexes).